Neben der Personalvorsorge und -belastbarkeit gehören Mitarbeiterengagement und -erfahrung sowie Rekrutieren zu den größten Herausforderungen der Personalarbeit. Das zeigt eine Studie des Payroll-Dienstleisters SD Worx.
Ein Jahr kann einen großen Unterschied machen: Noch 2020 haben sich die Personalabteilungen (Human Ressources/HR) europäischer Unternehmen vor allem auf operative Aufgaben wie Lohnabrechnung und -zahlung konzentriert. Inzwischen gelten HR-Services für Mitarbeiter als größte Herausforderung. Der Fokus liegt mehr denn je auf den Menschen. Von Spanien bis in die nordischen Länder sehen Arbeitgeber nun Wohlbefinden und Resilienz der Mitarbeiter als wichtigste Aufgabe für die kommenden Jahre. Direkt danach kommen Mitarbeitererfahrung und -engagement.
„Die COVID-19-Pandemie hat sich erheblich auf die Organisation unserer Arbeit ausgewirkt“, berichtet Cathy Geert, Chief HR Officer bei SD Worx, einem Anbieter von HR- und Payroll-Dienstleistungen. „Unternehmen investieren jetzt mehr Zeit und Aufwand in ihr wichtigstes Kapital, nämlich die Mitarbeiter. Das ist ihre größte Herausforderung für das nächste Jahr.“
Personalarbeit richtet sich an Menschen aus
In der jährlichen Arbeitgeberumfrage ‚The Future of Work and People‘ untersucht SD Worx, wie Unternehmer und HR-Experten die Zukunft sehen. Die Online-Umfrage erreichte im Juni fast 3.000 Unternehmen in 12 europäischen Ländern/Regionen (Belgien, Niederlande, Frankreich, Italien, Spanien, Irland, Deutschland, Österreich, Schweiz, Polen, Großbritannien und Skandinavien). Die teilnehmenden Firmen stammten aus allen vier Wirtschaftszweigen und reichten von Kleinunternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitern bis hin zu Großbetriebe mit mehr als 1.000 Mitarbeiter).
Wie die Ergebnisse zeigen, gibt es einen großen Wunsch nach Richtlinien, die den Menschen ins Zentrum stellen. „Unternehmen haben die operativen Folgen der ersten COVID-19-Welle und die daraus resultierende wirtschaftliche Unsicherheit bewältigt“, erläutert Cathy Geerts. „Damit richtet sich ihr Blick wieder auf Wachstum, und sie investieren verstärkt in ihre Mitarbeiter.“ Das spiegeln auch die fünf wichtigsten HR-Herausforderungen für europäische Unternehmen wider: Wohlergehen und Resilienz der Arbeitnehmer, Mitarbeitererfahrung und -engagement, Recruiting neuer Talente, nachhaltige Beschäftigungsfähigkeit und Talententwicklung.
Kleinbetriebe schaffen nachhaltige Karrieren
Vergleicht man kleinen und mittelständischen Unternehmen mit Großkonzernen, zeigen sich große Unterschiede. So ist die nachhaltige Beschäftigungsfähigkeit von Mitarbeitenden im Mittelstand ein viel größeres Anliegen als in Großbetrieben. „In mittelständischen Betrieben gibt es traditionell weniger vertikale Karrieremöglichkeiten, da die Unternehmen einfach kleiner sind“, erläutert Cathy Geerts. „Damit ist es eine größere Herausforderung, Entwicklungsmöglichkeiten zu schaffen, einschließlich horizontaler und diagonaler Karriereschritte.“ Die Faktoren ‚Wohlergehen und Resilienz der Mitarbeiter‘ nehmen bei kleinen und mittelständischen Unternehmen einen höheren Rang ein. Größere Unternehmen legen zwar ebenfalls einen Fokus auf den Mitarbeiter, aber die Schwerpunkte unterscheiden sich. Hier zählen die Themen Organisation von Telearbeit und hybridem Arbeiten sowie Mitarbeiterbindung zu den fünf größten HR-Herausforderungen. „Größere Unternehmen setzen häufiger auf Telearbeit, und hier ist es schwieriger, Mitarbeiter zu binden“, berichtet Cathy Geert. „Da die Fluktuation größer ausfällt, ist der Kampf um Mitarbeiter härter.“
In Deutschland ist die Digitalisierung im Fokus
Ihre Belegschaft nennen die Personalverantwortlichen in allen Länder als wichtigsten Fokus. Fast die Hälfte bezeichnet das Wohlergehen und Resilienz der Mitarbeitenden als größte Herausforderung. Die weiteren Schwerpunkte unterscheiden sich von Land zu Land. In Deutschland sind die Beratung und Unterstützung der Mitarbeitenden in der digitalen Transformation mit 6,2 Prozent ein wichtiger Punkt. Dieser Wert liegt deutlich höher als in allen anderen befragten Ländern. Auch die digitale Transformation des Arbeitsplatzes schafft es in Deutschland unter die Top fünf. Beide Themen finden sich in keinem anderen Land.
Die Weiterentwicklung von Talenten hingegen scheint in Deutschland nicht so stark im Fokus zu stehen. Während im europäischen Vergleich 4,7 Prozent der Befragten diesen Punkt als größte Herausforderung ansehen, sind es in Deutschland lediglich 3,6 Prozent. Das Recruiting neuer Mitarbeiter ist für deutsche Unternehmen ein großes Thema: 6,2 Prozent nennen dies als wichtigsten Schwerpunkt – im europäischen Vergleich sind es nur 5,3 Prozent. Am wichtigsten ist für Deutschland jedoch die Sicherung einer nachhaltigen Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeiter. 8,9 Prozent der Unternehmen schrieben diesem Punkt die größte Bedeutung zu.
Work-Life-Balance schafft Mitarbeiterbindung
„Arbeitgeber erkennen mittlerweile, dass sie eine direkte Bindung zu ihren Arbeitnehmern aufbauen müssen“, fasst Cathy Geerts zusammen. „Nur so schaffen sie organisatorische Resilienz und echten Mehrwert. Ihre Karriere nehmen viele Mitarbeiter heute selbst in die Hand. Sie priorisieren eine gesunde Work-Life-Balance und erwarten, dass alles entsprechend ihres Rhythmus und ihrer Wünsche geschieht. Die Personalarbeit muss alles tun, um hier Schritt zu halten.“ Jürgen Frisch